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Was ist bidirektionales Laden?

Bidirektionales Laden
E-Mobility-Wissen
Aktualisiert am 01. Januar 2024
10 Min. Lesezeit
Byron Kacnik
Byron Kacnik

Fast 1,7 Millionen ungenutzte Stromspeicher fahren 2025 auf deutschen Straßen – denn so viele E-Auto sind aktuell in Deutschland registriert. Das E-Auto kann längst mehr als Fahren: Es kann als Stromspeicher dienen – bidirektionales Laden nennt man dabei das Laden in 2 Richtungen. Für die Energiewende ist das ein echter Gamechanger, denn mit den vielen angeschlossenen E-Autos kann ein riesiges, verteiltes Speicherpotenzial entstehen – gut für das Netz, gut für die Nutzer*innen. Allerdings sind wir hier noch nicht so weit: Die Technik ist da, aber regulatorische Hürden halten das bidirektionale Laden in Deutschland noch auf. Warum das so ist, welche Länder es besser machen und wie die Technologie funktioniert, erfährst du in diesem Ratgeber. 

Wie funktioniert bidirektionales Laden?

Bidirektionales Laden bedeutet: Energie fließt nicht nur in die Batterie eines Elektroautos, sondern auch zurück. Technisch erfordert das eine bidirektionale Ladeinfrastruktur. Dazu gehören:

Damit fungiert der Akku des E-Autos dann wie ein zusätzlicher Stromspeicher, der Energie aus der eigenen PV speichert und bei Bedarf wieder dem Haushalt oder dem Stromnetz zur Verfügung stellt – je nach Bedarf, Energiepreis und Netzlast. Am besten funktioniert das mit einem smarten Energiemanagementsystem (EMS).

Welche Vorteile bietet bidirektionales Laden?

Bidirektionales Laden bietet viele Chancen, sowohl für die E-Auto-Fahrer*innen als auch für das Gesamtnetz. Die 2 Hauptvorteile sind:

  1. Autarkie: Bidirektionales Laden erhöht den Eigenverbrauch von PV-Strom durch eine zusätzliche Speicheroption.
  2. Netzdienlichkeit: Millionen zusätzliche, netzverfügbare Speicher können Stromspitzen gezielt abfedern. Das schont das Netz und reduziert damit auch Netzentgelte – eine spannende Option für Unternehmen, die ihre Betriebsflotte elektrifizieren.

Welche Formen des bidirektionalen Ladens gibt es?

Es gibt 3 Hauptanwendungen des bidirektionalen Ladens: V2H, V2L und V2G Sie unterscheiden sich darin, wem sie den Strom zur Verfügung stellen: 

  • V2H (Vehicle-to-Home, vom Fahrzeug ins Hausnetz)

    Bei V2H speist das E-Auto Energie zurück ins Hausnetz. Die Anwendungsfälle sind weitgehend dieselben wie bei einem stationären Heimspeicher – also z.B., wenn die Strompreise bei dynamischen Tarifen gerade hoch sind oder ein Stromausfall eintritt. Das erhöht den Eigenverbrauch und senkt den Netzbezug. Besonders spannend ist V2H für Eigenheime mit PV-Anlage, aber ohne Stromspeicher.

  • V2L (Vehicle-to-Load, vom Fahrzeug an Verbraucher)

    V2L bedeutet, dass Kund*innen die E-Auto-Batterie wie einen Generator, eine tragbare Batterie oder eine sehr große Powerbank nutzen: An Fahrzeugen, die diese Technologie unterstützen, befindet sich eine reguläre Schuko-Steckdose, über die auch unterwegs Haushalts- und Arbeitsgeräte geladen werden können. Dieser simple Use Case ist bereits relativ verbreitet, mehrere Hersteller bieten die V2L-Option für ihre E-Autos an. Zielgruppen sind bspw. Handwerker, mobil Arbeitende, Camper und Urlaubsreisenden sowie Festivalbesucher*innen.

  • V2G (Vehicle-to-Grid, vom Fahrzeug ins Stromnetz)

    Bei V2G stellt das E-Auto Strom aus seiner Batterie dem öffentlichen Stromnetz zur Verfügung. V2G kann z. B. als Redispatch-Option dienen, um Engpässe zu vermeiden. Das macht V2G zum technisch und regulatorisch anspruchsvollsten Use Case des bidirektionalen Ladens, bietet aber auch die größten Möglichkeiten – z.B. könnten E-Autos als virtuelle Kraftwerke zusammengeschlossen werden.

Systeme, die alle diese Optionen vereinen, werden V2X (für „Vehicle-to-Everything“) genannt. 

Für wen lohnt sich bidirektionales Laden?

Bidirektionales Laden ist besonders interessant für:

  • Eigenheimbesitzer*innen mit PV-Anlage, die ohne stationären Speicher ihren Eigenverbrauch erhöhen wollen (V2H).
  • Gewerbebetriebe mit Fuhrpark, die Lastspitzen kappen und ihre Ladeinfrastruktur smarter machen möchten (V2H).
  • Energieversorger oder Stadtwerke, die die zusätzliche Speicherkapazität als Netzstabilisierungsoption erschließen wollen (V2G).

Braucht bidirektionales Laden eine spezielle Wallbox?

Ja, für V2G oder V2H ist eine bidirektionale Ladeeinheit notwendig. Diese muss nicht nur Strom ins Fahrzeug einspeisen, sondern auch zurück ins Haus- oder Stromnetz leiten können. Das aktuelle Minimum ist die Norm ISO 15118, die bidirektionale Kommunikation zwischen E-Auto und Wallbox regelt.

Bidirektionales Laden – Deutschland im internationalen Vergleich

In Deutschland steckt das bidirektionale Laden noch in den Kinderschuhen. Die EU-Richtlinien 2014/94 und 2023/1804 erlauben es, in der Realität sieht es aber anders aus:  Es gibt derzeit keine rechtlichen oder technischen Regelungen für das bidirektionale Laden. Die bestehende ISO-Norm 15118 regelt lediglich die bidirektionale Kommunikation zwischen Wallbox und E-Auto – nicht bidirektionale Ladevorgänge. 

Dazu ist das deutsche Stromnetz unter vielen recht kleinen Verteilnetzbetreibern aufgeteilt, was eine einheitliche Umsetzung schwerer macht. Außerdem benötigt man zum bidirektionalen Laden einen Smart Meter – deren Rollout läuft aber erst ab 2025 richtig an. Erst bis 2028 müssen mindestens 50 % der Haushalte über Smart Meter verfügen.

Trotzdem zeigt das BMWK Interesse an der Technologie: Ein Pilotprojekt unter Schirmherrschaft des Ministeriums testet aktuell netzdienliches bidirektionales Laden auf allen Netzebenen. Das Ziel ist klar: V2G soll helfen, Lastspitzen zu glätten und Netzausbaukosten zu senken.

Frühzünder: Bidirektionales Laden in Japan

Japen gilt als Vorrreiter beim bidirektionalen Laden: V2G-Laden ist seit 2011 grundsätzlich möglich. Diese frühe Entscheidung hat ihre Wurzeln im Tsunami und dem Reaktorunglück von Fukushima in diesem Jahr – E-Autos sollen als Energiereserve bei Katastrophen dem Netz zur Verfügung stehen. Derzeit sind E-Autos in Japan mit etwa 550.000 Fahrzeugen bei einer Bevölkerung von 124,5 Millionen nicht besonders weit verbreitet, aber im Kommen. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben sind dort einheimische Hersteller im Vorteil, die sich seit 2011 darauf einstellen mussten – die beliebtesten E-Autos in Japan stammen von Nissan und Toyota. Seit 2018 liefen in Japan mehrere große Pilotprojekte mit Energieversorgern zur Netzstabilisierung. Dazu fördert das Land V2H gezielt den Ausbau von V2H-Infrastruktur für den „Hausgebrauch“. 

Bidirektionales Laden in den Niederlanden

E-Mobilität spielt bei unserem westlichen Nachbarn eine große Rolle – die Niederlande verfügen relativ zur Fläche und Einwohnerzahl über die meisten installierten öffentlichen Ladepunkte aller europäischen Länder, 2024 waren mehr als 30 % aller neu zugelassenen Fahrzeuge E-Autos – eine fast 3x so hohe Quote wie in Deutschland. Außerdem haben die Niederlande einige Jahre Vorsprung: Während in Deutschland die ersten Pilotprojekte anlaufen, begannen sie in den Niederlanden bereits 2018. Derzeit laufen große V2H-Pilotprojekte in Arnheim und Utrecht, dazu kooperiert Utrecht mit dem Autohersteller Hyundai bei der testweisen Entwicklung von V2G-Lösungen. Die Niederlande profitieren dabei auch von stärkerer digitaler Infrastruktur: Schon 2023 verfügten fast 90 % der Haushalte im Land über einen Smart Meter. Auch die Niederländer setzen bidirektionales Laden noch nicht um, sie arbeiten allerdings bereits deutlich länger an diesem Thema als Deutschland. 

Bidirektionales Laden: Technische Voraussetzungen

Aktuell gibt es noch keine Standards oder Verordnung zum bidirektionalen Laden in Deutschland. Laut Medienberichten sollen V2H und V2G in Deutschland ab etwa 2028–2030 möglich sein. Es gibt aber noch keinen konkreten Fahrplan: Gesetzgeber, Normierungsstellen, Netzbetreiber sowie Auto- und Wallbox-Hersteller müssen sich auf technische und regulatorische Standards einigen. Diese können von den ISO-Vorgaben abweichen, sodass selbst eine ISO-15118-konforme Wallbox nicht unbedingt für das bidirektionale Laden zugelassen sein wird.

Welche Autos können bidirektionales Laden?

Es gibt viele Listen von Autos, die angeblich zum bidirektionalen Laden befähigt sind. Achtung – diese Listen sind nicht zuverlässig, denn:

  • Es gibt im Moment weder technische noch gesetzliche Regeln zum bidirektionalen Laden in Deutschland;
  • Ein E-Auto-Modell kann ggf. in einem anderen Land bidirektional laden, aber nicht in Deutschland/der EU. Auch Modelle mit demselben Namen unterscheiden sich international z.T. stark.
  • Viele E-Autos sind beim bidirektionalen Laden derzeit nur mit wenigen Wallboxen kompatibel, denn es gibt noch keine allgemeinen Standards.

Schadet bidirektionales Laden der Autobatterie?

Nicht wirklich. Natürlich ist jeder Lade- und Entladezyklus eine Belastung für eine Batterie. Aber diese Belastung durch bidirektionales Laden liegt deutlich unter der im regulären Fahrbetrieb. Moderne Zellchemien wie Lithium-Eisenphosphat (LiFePO4) oder Nickel-Mangan-Kobalt (NMC) bieten dazu eine besonders hohe Entladetiefe und Zyklenfestigkeit. Wichtig ist: Die Autohersteller müssen den V2X-Einsatz für ihre Batterien freigeben – weise deine Kund*innen darauf hin.

Fazit: Ist bidirektionales Laden die Zukunft?

Bidirektionales Laden wird eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende sein: E-Autos werden zu einem flexiblen Teil des Energiesystems und Privatleute wie Netzbetreiber können von mehr Speicherkapazität profitieren. Die Umsetzung benötigt jedoch noch Zeit, gerade in Deutschland: Während andere Länder wie Japan oder die Niederlande mit Praxisprojekten vorangehen, hängt Deutschland noch an der Standardisierung und dem Smart Meter Rollout fest. Ab etwa 2028–2030 soll der Gesetzgeber Expert*innen zufolge grünes Licht für rollende Stromspeicher geben. Wir halten dich auf dem Laufenden! 

Zusammenfassung

  • Bidirektionales Laden macht das E-Auto zum Stromspeicher mit Mehrwert für Haushalte und Stromnetz.
  • V2H, V2L und V2G bieten verschiedene Anwendungsfälle vom Eigenverbrauch bis zur Netzdienlichkeit.
  • In Deutschland fehlt es noch an Tempo bei der Umsetzung, aber Pilotprojekte laufen.
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