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Gestern, heute, morgen: Die Entwicklung der Solarzelle

Entwicklung Solarmodule
Photovoltaik-Wissen
Aktualisiert am 22. September 2023
12 Min. Lesezeit
Aliza Williams
Aliza Williams

Alles begann 1839 mit der Entdeckung des photoelektrischen Effekts. Bis zur Vorstellung der ersten Solarzelle 1954 vergingen dann aber nochmal über 100 Jahre. Es dauerte also, bis Solarmodule zum industriellen Massenprodukt wurden. Die Faszination des Menschen für die Sonne und die damit verbundenen Energie-Potentiale blieb aber. Hier erfährst du, wo die Reise vielleicht in Zukunft noch hingeht.

Die Anfänge der Solarzelle

Der erste Anwendungsbereich für Solarzellen war passenderweise extraterrestrischer Natur. Sie wurden nämlich eingesetzt, um die Energieversorgung von Satelliten sicherzustellen. Für das kontinuierlich anziehende Tempo der Forschung waren in der Folge aber nicht nur die Neugier des Menschen verantwortlich. Sondern auch Ereignisse wie der Reaktorunfall von Tschernobyl. Langsam begann es auch der breiten Gesellschaft zu dämmern: in der Zukunft werden neue Energiequellen nötig sein.

Die frühen 1990er Jahren brachten erste Programme mit sich, die den Ausbau von PV-Anlagen vorantreiben sollten. Die Produktionsmengen wurden größer und bald fielen die Preise für Solarmodule rapide. Heute liegt der Preis pro Wp daher auch deutlich unter dem, das vor 40 Jahren zu berappen war.

Und du so, Solarzelle?

Lange galt die Al-BSF-Solarzelle (Aluminium- Back Surface Field) als „Standard-Solarzelle“. Diese Zellen wurden jedoch abgelöst, als die PERC-Zelle die Marktherrschaft übernahm. Und aktuell erleben wir wieder einen Prozess, in dessen Zuge die PERC-Zelle von TOPCon verdrängt wird. Es tauchen aber auch ganz neue Technologien auf, die sich am Markt einen Namen machen. Aber eins nach dem anderen …

Die angesprochene Al-BSF „Standard-Solarzelle“ findet in der Praxis schon seit vielen Jahren keine Verwendung mehr. Die vergangenen Jahrzehnte hat die bereits genannte PERC-Technologie (Passivated Emitter and Rear Cell) dominiert. Diese Zelle mit passivierter Emissionselektrode und Rückseite bietet im Vergleich zur Standard-Zelle eine deutlich bessere Lichtausbeute. An der passivierten Rückseitenschicht wird ungenutztes Sonnenlicht zurück in die Zelle reflektiert, um doch noch in elektrischen Strom verwandelt zu werden. Der Wirkungsgrad liegt dadurch höher als bei Standard-Solarzellen.

Schon seit einigen Jahren sind Module mit TOPCon-Zellen auf dem Markt und sie nehmen eine immer größere Rolle ein. Entwickelt hat die Technologie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. Der Begriff TOPCon steht für „Tunnel-Oxide-Passivated-Contact“, also einen passivierten Tunneloxid-Kontakt. Dabei handelt es sich um eine zusätzliche Schicht, die Elektronen durchdringen können, Silizium-Atome aber nicht. So kommt es nicht mehr zu Rekombinationen. Im Vergleich zu PERC-Zellen lassen sich mit TOPCon-Zellen somit höhere Wirkungsgrade erzielen. Außerdem ist auch die Degradation der TOPCon-Zellen geringer, sie sind weniger empfindlich gegenüber hohen Temperaturen und liefern bei diffusem Licht bessere Leistungswerte. Die Technologie ist zwar noch immer jung, mittlerweile aber auch in einem Maße in der Massenfertigung angekommen, dass sie in preislicher Hinsicht konkurrenzfähig ist.

Da geht noch mehr

Neben diesen beiden „Big Playern“ sind auf dem Markt aber noch weitere Zell-Technologien vertreten.

Allen voran die Heterojunction-Technologie, die der Hersteller Meyer Burger in die Massentauglichkeit führte. Das griechische „hetero“ steht für „anders“ bzw. „verschieden“ und deutet bereits auf den Kern dieser Technologie hin. Denn für die Heterojunction-Zellen werden unterschiedliche Zelltypen kombiniert, nämlich monokristallines Silizium und Dünnschicht. Dabei wird auf kristalline Siliziumwafer eine amorphe Siliziumschicht aufgedampft. Das Ergebnis ist eine Zelle, die einerseits die hohen Wirkungsgrade der kristallinen Siliziumwafer liefert, gleichzeitig aber auch die Stabilität von Dünnschichtzellen gegenüber Temperaturschwankungen mitbringt.

Da die Zellen auf der Vorder- & Rückseite fast baugleich sind, weisen sie auch einen sehr hohen Bifazialitätsfaktor auf. Die Zellen erzeugen also auch auf der Zellrückseite des Moduls Strom und erzielen höhere Wirkungsgrade als TOPCon- oder PERC-Modelle. Außerdem sind die Heterojunction-Zellen besonders nachhaltig, da sie einen geringeren Materialbedarf haben und auch die Produktion energiesparender abläuft. Der deutsche Hersteller Meyer Burger geht hier noch einen Schritt weiter und verzichtet komplett auf Blei in den Modulen, bezieht seine Werkstoffe zum größten Teil aus Europa und produziert nur mit Ökostrom.

Die TOPCon-Herausforderer

Ebenfalls immer mehr Anklang finden sogenannte IBC-Zellen (Interdigitated Back Contact) mit interdigitierten Rückkontakten. Die Technologie wird oft fälschlicherweise als Maxeon-Technologie bezeichnet, wobei es sich bei Maxeon tatsächlich um einen Hersteller handelt, der die Technologie mit geprägt hat. Heute tummeln sich aber auch andere Hersteller auf dem Markt, die Weiterentwicklungen der IBC-Technologie in ihren Zellen nutzen. So zum Beispiel AIKO mit der hauseigenen ABC-Technologie (All Back Contact Technology) oder LONGi mit seinen HPBC-Modulen (Hybrid Passivated Back-Contact Cell).

Was diese Technologie für viele Hersteller so interessant macht, ist die Möglichkeit deutlich höhere Wirkungsgrade zu erreichen. Bei IBC-basierten Zellen sind alle Kontakte auf der Zellrückseite angebracht, was die Verschattung auf der Vorderseite minimiert. Ein schöner Nebeneffekt davon: die Ästhetik der Module, deren homogenes Blau oder Schwarz einfach richtig gut aussieht. Neben den hohen Wirkungsgraden zeichnen sich IBC-Zellen aber auch durch sehr niedrige Degradation und Temperaturkoeffizienten aus. Manche Experten vermuten schon heute, dass die IBC-Technologie in den kommenden Jahren selbst TOPCon Konkurrenz um die Vormachtstellung im Markt machen wird. Dafür muss allerdings der komplexe und dadurch kostspielige Herstellungsprozess der Module noch optimiert werden.

Wo's künftig hingeht: Die Kosten-Frage, Forschungsschwerpunkte & frische Technologien

Betrachtet man die genannten Entwicklungen und deren Auswirkungen für die Zukunft der Solarzelle, lassen sich 3 Thesen aufstellen.

  1. Die Preise werden sinken.
  2. Die Effizienz wird weiter steigen.
  3. Es wird neue, vielversprechende Technologien geben.

Kosten runter

Fortschritte in Produktion und Technologie ermöglichen niedrigere Preise. Angesichts der hohen Nachfrage wird der Ausbau der Produktionskapazitäten weitergehen, was wiederum zu niedrigeren Herstellungskosten führt. Der globale PV-Markt hat sich in den vergangenen Jahren in rasantem Tempo entwickelt, insbesondere in China. Und in diesen lukrativen Markt drängen mehr und mehr Anbieter, was die Konkurrenzsituation anheizt und somit automatisch zu besserer Qualität und niedrigeren Preisen führt.

Mit Hinblick auf den Faktor Preis spielt auch die Thematik Rohstoffe eine entscheidende Rolle. Es ist schon jetzt gelungen, bei der Produktion die verwendeten Rohstoffmengen zu reduzieren und damit auch die Materialkosten zu senken. Dieser Trend wird anhalten. Für die Herstellung einiger Bauarten, wie HJT oder ABC, ist z. B. deutlich weniger Silber vonnöten als dies bei älteren Technologien der Fall war.

Wahr ist aber auch: Die Entwicklung der Produktionstechnologien verlief in den vergangenen Jahren rasant, sodass die Optimierungspotentiale mittlerweile zu einem wesentlichen Teil ausgeschöpft sind. Sicherlich werden wir nicht mehr die massiven Unterschiede der letzten 40 Jahre sehen. Nichtsdestotrotz: Die oben genannten Aspekte wirken so stark, dass in der Zukunft mit sinkenden Modulpreisen zu rechnen ist.

Effizienz hoch

Das ISE in Freiburg ist eines der wichtigsten Forschungsinstitute im Bereich der Photovoltaik. Im hauseigenen Zentrum des ISE für höchsteffiziente Solarzellen wurden zuletzt Wirkungsgradrekorde für beidseitig kontaktierte Siliziumsolarzellen (26 %) sowie auch für Vierfachsolarzellen (47,6 %) aufgestellt. Diese Leistungsentwicklung ist aber nicht nur auf das ISE beschränkt, intensiv geforscht wird schließlich weltweit. Mit dem Ziel möglichst viel der Sonnenenergie in Licht umzuwandeln, steigert die Forschung stetig die Effizienz der Module. Erst vor kurzem stellt das N-Typ ABC-Modul von AIKO einen neuen Marktrekord von über 24 % Wirkungsgrad auf.

Ebenfalls Gegenstand der aktuellen Forschung und wichtig mit Hinblick auf die Effizienz: verbesserte Nutzung des Lichtspektrums. Zu nennen ist hier z. B. die Tandon School of Engineering der New York University, die einen speziellen Film entwickelt, der ultraviolettes und blaues Licht in nahinfrarotes Licht umwandelt. Aktuell ist ultraviolettes und blaues Licht noch nicht nutzbar, da die Solarzellen es reflektieren. Umwandlung in infrarotes Licht würde die Wirkungsgrade erhöhen, da so mehr Licht genutzt werden könnte. Auch die Lebensdauer der Zellen ließe sich so verlängern, da UV-Licht die Degradation der Module beschleunigt.

Das steht uns bevor

Bei einer neuen Technologie, die bereits von Meyer Burger genauer untersucht wird, handelt es sich um die Perowskit-Solarzelle. Bei Perowskit handelt es sich um ein ferroelektrisches Mineral, bestehend aus organischen und anorganischen Materialien, das wie ein Halbleiter reagiert. Unter Labor-Bedingungen erreichen Perowskit-Solarzellen bereits vergleichbare und teils sogar höhere Wirkungsgrade als kristalline Silizium-Solarzellen. Allerdings ist die Technologie aktuell noch sehr instabil gegenüber Umwelteinflüssen wie Luft und Feuchtigkeit.

Von der Marktreife sind diese Solarzellen noch ein Stück entfernt. Nichtsdestotrotz ist die Technologie sehr vielversprechend, weil das Basismaterial im Vergleich zu Silizium deutlich preisgünstiger ist und auch der geringere Materialbedarf bei der Produktion von Perowskit-Solarzellen die Herstellungskosten drückt. Aber damit nicht genug: Auch der Energieaufwand ist bei der Perowskit-Zellen-Produktion niedriger, was nicht nur mit Hinblick auf die Kosten positiv wirkt. Forscher*innen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) rechnen damit, dass die Marktreife von Perowskit-Solarzellen in 5 bis 10 Jahren erreicht werden kann.

Eine weitere interessante Technologie: organische Photovoltaik. Sie bietet das Potenzial, auf noch umweltfreundlichere Weise elektrische Energie zu erzeugen. Die Halbleiter bestehen dabei aus Kohlenwasserstoffverbindungen, die Zellen selbst sind um ein Vielfaches dünner als Siliziumzellen. Die Technologie ist also nicht nur ressourcensparend, sondern kommt auch ohne kritische Elemente wie etwa Blei aus. Und auch der Herstellungsprozess gestaltete sich hier deutlich einfacher, was den CO2-Fußabdruck der Module enorm verringert. Da es sich hierbei um Kohlenstoffverbindungen handelt, ist für die Zukunft auch die Halbleiterherstellung aus CO2-Rückgewinnung denkbar.

Die Zellen sind außerdem überaus flexibel und biegsam, was sie zur idealen Lösung für die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche machen würde, die eine starke Resilienz voraussetzen. Dank der flexiblen optischen Eigenschaften sind die Zellen an verschiedene Lichtspektren und sogar künstliches Licht anpassbar. Denkbar wären zum Beispiel auch transparente, auf Fensterscheiben angebrachte, Zellen.

Hoffnungsträger Kombi-Lösung?

Aufgrund der geringen Stabilität von Perowskit-Solarzellen befasst sich die Forschung auch mit sogenannten Tandem-Solarzellen. Das Prinzip basiert darauf, verschiedene Zelltechnologien zu kombinieren. Im besten Fall lassen sich so die punktuellen Schwächen minimieren, während gleichzeitig die Stärken der einzelnen Technologien erhalten bleiben. Die HJT-Technologie ist ein sehr erfolgreiches Beispiel für das Prinzip der Tandem-Technologien.

Um Perowskit-Zellen stabiler zu machen, wäre es z. B. eine Möglichkeit, sie mit Silizium-Solarzellen zu kombinieren. Ein Vorteil hierbei: Die verschiedenen Zellbestandteile könnten dann unterschiedliche Wellenlängen absorbieren. Während die Silizium-Anteile langwellige rote und infrarote Wellen aufnehmen, wären die Perowskit-Zellen im blauen Spektrum effizienter.

Im Rahmen eines Tests des Helmholtz Zentrums Berlin erreichten solche Tandemzellen aus Perowskit und Silizium bereits im Dezember 2022 einen Rekord-Wirkungsgrad von 32,5 %. Das Problem: Der besagte Wert wurde lediglich auf 1 cm² Fläche erreicht. Es wird für die Forschung jetzt also darum gehen, derlei Ergebnisse auch auf größeren Flächen von 100 cm² oder mehr zu erreichen, hier liegt der Wirkungsgrad aktuell nämlich noch bei 22,5 %, also in etwa in jenem Bereich, in dem auch eine gewöhnliche Silizium-Solarzelle agiert.

Fazit

Wie schon in der Vergangenheit wird die Modul-Welt auch in den nächsten Jahren eine kontinuierlich fortschreitende Evolution erleben. Im Zuge dieser Evolution werden Technologien erschwinglicher, Effizienzwerte weiter ansteigen und auch immer neue Technologien auftreten, die den PV-Markt von neuem befeuern und antreiben werden.

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